Freitag, 8. März 2013

Alltagsrassismus

Ich weiß nicht ob ich in dem Punkt zur Zeit besonders empfindlich bin oder ob es wirklich schlimmer geworden ist. Mir fällt in meinem Beruf und auch privat regelmäßig auf, dass mit Wörtern wie schwul, Nigger, Jude, Homo, usw. sehr unbekümmert umgegangen wird. Teilweise werden sie richtig inflationär als Beleidigung benutzt und dabei kein Stück über die Menschen oder Gefühle hinter diesen Begriffen nachgedacht.
Vor allem auf der Arbeit werde ich damit quasi rund um die Uhr konfrontiert, mein Klientel dort besteht aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Letzten Endes ist mir natürlich klar, dass gerade in dieser Entwicklungsphase solche Auswüchse eher normal sind, mit einigen Begriffen wird es allerdings in meinen Augen übertrieben. Richtig interessant wird es dann wenn man sich einmal anschaut wieviel, bzw. ob überhaupt Wissen über die Hintergründe vorhanden ist. Da ist teilweise schon erschreckend wenig vorhanden.
Es wird also fröhlich in der Gegend rumbeleidigt ohne wirklich zu wissen was man da eigentlich von sich gibt. Keine grundlegend neue Erkenntnis, sicher nicht, aber was mich dann umso mehr erschreckt ist eine weit verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber den Hintergründen wenn man diese dann einmal versucht zu erklären.

Ein Beispiel: Den Begriff Zigeuner bekomme ich des Öfteren zu hören, wenn ich davon erzähle was dahinter steckt, vor allem welche Verbindungen mit der deutschen Geschichte da vorhanden sind, dann werden zwar oft zuerst große Augen gemacht, aber gleich darauf wird der Begriff fröhlich weiter als Beleidigung benutzt.

Wie gesagt, teilweise ist das quasi normal, Klischees eignen sich nunmal gut als Schablone für Beleidigungen und ich war in dem entsprechenden Alter auch kein Engel was das angeht. Dazu ist es für die wenigsten einfach, ihr Fehlverhalten sofort zu ändern oder einzugestehen. Aber in aller Öffentlichkeit und vor allem in Gegenwart von Autoritätspersonen, bzw. im Unterricht konnte ich mich schon zusammenreißen.

Ich fühle mich da so ein bisschen an das Verhalten in anonymen Onlinegemeinschaften erinnert. Da herrscht zu solchen Themen ja teilweise totale Anarchie, bzw. gehört es zum guten Ton in jedem zweiten Satz irgendeine Minderheit zu beleidigen. Vielleicht schaffen es einige einfach nicht sich im RL davon zu lösen? Der Unterschied zum Internet ist nunmal das sich dort jeder einfach ausklinken kann. Schwule, Lesben, Behinderte oder Asylbewerber werden eher selten in rechtsradikalen Foren unterwegs sein, genauso wie ein Fascho nicht in eine Gaybar gehen würde. Was wir schon im RL tun und das recht effizient, nämlich den Dingen die uns nicht gefallen oder von denen uns Gefahr droht aus dem Weg zu gehen, funktioniert online umso leichter. Man ist also mehr oder weniger unter sich und wem es nicht gefällt, der schließt halt das Browserfenster. Vom Missfallen das durch die eigenen Äußerungen bei Unbeteiligten also hervorgerufen werden könnte bekommt man in der Regel kaum etwas mit und wenn, dann spielt sich das auch meistens in der Anonymität des Webs ab. Anders im RL, da bin ich direkt mit den Konsequenzen meiner verbalen Auswüchse konfrontiert. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein und sehe das durch meinen Beruf ein wenig verzerrt.



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